Tech-Aktien und Kryptos im Sinkflug – warum?


In den Jahren 2016 bis Ende 2021 waren sie die gefeierten Investments an der Börse: Aktien der Technologie-Branche und sogenannte Kryptowährungen. Die alten Stars wie Warren Buffett, die vorwiegend in Value-Unternehmen mit ordentlichen Gewinnen investieren, wurden belächelt und stattdessen sind neue Börsenstars wie Cathie Wood mit vollem Fokus auf zukunftsorientierte Tech-Unternehmen Empor gestiegen. Im Krypto-Handel sind junge Menschen, wie z.B. der 29-jährige Sam Bankman-Fried, innerhalb kurzer Zeit zu Milliardären geworden und haben in der Branche einen Kult-Status erlangt. Viele neue, kleine Privatanleger machten positive Erfahrungen mit diesen Investments, teilten ihre Erfolge auf Social-Media-Plattformen und zogen damit immer mehr Leute bzw. immer mehr Geld auf die Märkte. Im letzten Jahr kannte die Euphorie dann keine Grenzen mehr: Der Nasdaq als wichtigster Index für den Tech-Sektor vermeldete ein All-Time-High nach dem nächsten und generierte im Vergleich zur „Old-Economy“ eine beachtliche Outperformance. Dazu übertrafen die Kurse am Krypto-Markt selbst die Erwartungen der Krypto-Community. Manche Coins haben sich verzehnfacht, manche waren sogar 50-fach oder 100-fach so hoch im Vergleich zum Dezember 2020.

Aber wie immer gilt an der Börse das Motto: Wer hoch fliegt, kann tief fallen. Nun, im Jahr 2022 ist die Party erst mal vorbei  - stattdessen Kater-Stimmung. Viele Tech-Aktien, die noch in der Pandemiezeit gefeiert wurden, stürzten regelrecht ab und mussten oftmals 50 % bis 80 % (gemessen vom All-Time-High) an Kursverluste verkraften. Am Krypto-Markt flohen die Anleger regelrecht aus ihren Coins und kurzzeitig kam sogar Panik auf. Denn als letzte Woche der Kurs eines Stable-Coins (TerraUSD), der eigentlich an den US-Dollar gekoppelt sein soll, massiv einbrach, wankte plötzlich das ganze Krypto-System. Aber was sind die Gründe für diesen massiven Abschwung?

Obwohl Tech-Aktien und Kryptowährungen komplett unterschiedlich zu bewerten sind, hat der Abschwung der letzten Monate einen gemeinsamen Nenner: Die restriktivere Notenbankpolitik der Fed in den USA. Die Kursexplosionen der letzten Jahre waren auf der ultraexpansiven Politik der weltweiten Notenbanken zurückzuführen. Die massive Liquiditätsschwemme über Anleihekäufe führte zu einem historisch niedrigen Zinsniveau und einem Anlagenotstand. Die Asset Price Inflation hievte die Kurse in ungeahnte Höhen und förderte den Vertrauensverlust in unser Fiat-Geldsystem. Während die Tech-Unternehmen von den billigen Finanzierungszinsen (für Wachstum und Aktien-rückkaufprogramme) profitieren konnten, halfen dem Krypto-Markt das zunehmende Misstrauen gegenüber den Fiat-Währungen und zugleich der extreme Anlagenotstand bei den Investoren.

Die US-Notenbank hat nun aber eine neue Richtung für ihre Geldpolitik vorgegeben. Nach langem Abwarten im letzten Jahr hat sie die Zügel in die Hand genommen und will die Inflation bekämpfen. Die Leitzinsen werden voraussichtlich bis Jahresende auf mindestens 2,5 % angehoben, zudem beginnt sie im Juni ihre aufgeblähte Bilanz (9 Billionen $)langsam wieder zu reduzieren. Historisch gesehen fährt die Fed damit immer noch eine sehr lockere Geldpolitik. In der letzten großen Inflationswelle in den 70er und Anfang der 80er bewegten sich die Leitzinsen der Fed zwischen 5 % und 20 % und sie hatte keine riesige Bilanzsumme aufzuweisen. Trotzdem kam der Schritt einer etwas strafferen Geldpolitik in diesem Jahr für viele Marktteilnehmer überraschend. Die Ursache liegt in der Kommunikation und dem Verhalten der weltweiten Notenbanken im letzten Jahr. Alle wichtigen Notenbanken, insbesondere die EZB und die Fed, sprachen in 2021 trotz stark steigender Inflationsraten von einem vorübergehenden Phänomen wegen einem Basiseffekt bei den Rohstoffpreisen und aufgrund einiger Lieferengpässe in der Corona-Krise. Anstatt ihre Anleihekäufe zu reduzieren und Leitzinserhöhungen anzukündigen, pumpten sie weiterhin hunderte Milliarden US-Dollar, Euros, britische Pfunds und japanische Yens in die Märkte. Erst im Januar 2022 kam die Fed als Notenbank zur „überraschenden“ Erkenntnis, dass die Inflation eventuell ein wenig länger andauern und etwas höher als erwartet ausfallen könnte, änderte sich der Kurs und ihre Kommunikation.

Die Zukunft der Tech-Aktien und der Kryptos liegt also in den Händen der Notenbanken, insbesondere der Fed. Bei anhaltend hohen Inflationsraten in den nächsten Monaten wird die Zinswende fortgesetzt und die Kurse dürften seitwärts oder abwärts tendieren. Nur bei einem überraschenden Rückgang der Inflation besteht ein gutes Erholungspotential. Jedoch sprechen die hohen Rohstoffpreise, insbesondere für Rohöl und Erdgas, trotz Wirtschaftskrise in China sowie die stark gestiegenen Löhne in den USA momentan eher für steigende Zinsen.    

    

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